PuttView

Geschäftsidee: PuttView hilft beim Golftraining

Branche: Golfsport

Gründungsjahr: 2015

https://www.puttview.com/

Die Erfindung der beiden Gründer Lukas Posniak und Christoph Pregizer hilft beim Golftraining und visualisiert auf der Grünoberfläche Ziellinie, Ballverlauf, Ausrichtungshilfe und Bewegungsempfehlungen für jeden beliebig gewählten Putt

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PuttView: Die Golf-Flüsterer

PuttView hilft beim Golftraining und visualisiert auf der Grünoberfläche Ziellinie, Ballverlauf, Ausrichtungshilfe und Bewegungsempfehlungen für jeden beliebig gewählten Putt. Die beiden Gründer Lukas Posniak und Christoph Pregizer haben somit neben der Visualisierung die Kontrolle und das Training aller wichtigen Puttparameter erreicht. Zudem hält die Software noch einige weitere Spiel- und Trainingsformen bereit.

Bereits während ihres gemeinsamen MBA-Programms am Pariser Collège des Ingénieurs im Jahr 2011 hatten Lukas Posniak (rechts im Bild) und Christoph Pregizer den Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Idee für PuttView entstand jedoch erst circa zwei Jahre später.

„Wir sind ein gutes Beispiel dafür, dass man eine Gründung auch relativ strukturiert angehen kann. Wir hatten erst den Gründungswunsch, dann haben wir beide angefangen zu arbeiten: Christoph Pregizer bei Siemens, ich bei Volkswagen. Irgendwann waren wir überzeugt, unsere Gründungsidee hätte die richtige Richtung und wir gaben unsere Jobs auf“, erzählt der Ingenieur Lukas Posniak. Das Ziel der Beiden war es, eine Trainingsumgebung für Golf mit Hilfe von Augmented Reality (AR) zu erschaffen. „Wir haben in dieser Phase dann verschiedene Ideen diskutiert, von denen die m eisten nicht so vielversprechend waren. Das war bei PuttView anders: Auch, wenn die Idee relativ verrückt klang, haben wir großes Potential in ihr gesehen“, ergänzt Christoph, der für die technische Seite bei PuttView verantwortlich ist. Lukas kümmert sich um das Geschäftliche.

In guten Händen

„Zu Beginn brauchten wir einen Mentor für unser Vorhaben. Deshalb haben wir deutschlandweit Professoren angesprochen, die Experten im Bereich Augmented Reality und Virtual Reality sind. Prof. Dr. Frank Steinicke, aus dem Arbeitsbereich ,Mensch-Computer-Interaktion‘ der Universität Hamburg, stand ganz oben auf der Liste“, berichtet Lukas. Nach einem Treffen haben sie festgestellt: das passt. Zum einen inhaltlich, zum anderen hatte Prof. Dr. Frank Steinecke auch Lust auf die Umsetzung – in den Golfsport hatte er schon mal reingeschnuppert.

Für die Gründung sind die beiden Ingenieure extra nach Hamburg gezogen. „Wir sind also im Grunde von außen an die Hochschule gekommen. Wir fanden das positiv, dass das so reibungslos geklappt hat und man uns derart aufgenommen hat. Nils Neumann von der Gründungsberatung hat dann mit uns gemeinsam die Exist-Anträge bearbeitet. Über Prof. Steinicke kam dann der Kontakt zu einem Programmierer zu Stande, der noch im Team fehlte. Denn klar haben wir schon mal Codes geschrieben, aber von einer Softwareentwicklung sind wir weit entfernt gewesen“, erklärt Christoph.

Personalsuche

„Anfangs war es überhaupt mit der Personalsuche am schwierigsten. Man hat nur eine Idee und kein Geld. Nichts, womit man die Leute hervorlocken kann“, stellt Lukas fest. Inzwischen hat sich PuttView weiterentwickelt: Das Startup hat jetzt 7 Angestellte plus sechs Teilzeitler.

Momentan werden Mitarbeitende im Bereich Softwareentwicklung und Vertrieb gesucht. „Aber die werden auch am Markt stark nachgefragt. Bisher haben wir nur Akademiker gesucht. Nun suchen wir auch Leute mit Ausbildung. Aber wo findet man die? Da muss man wie ein Trüffelschwein auf die Suche gehen, denn so jemand klopft nicht einfach an Deine Tür. Am besten ist hier immer noch das persönliche Netzwerk. So haben wir auch unseren Installateur/Elektriker für die weltweite Inbetriebnahme unserer Systeme gesucht. Ich habe einfach den Elektriker von der Kücheninstallation in meiner Wohnung angesprochen. Der war zwar selbst nicht interessiert, die schönsten Golfplätze der Welt zu besuchen, kannte jedoch jemanden“, erzählt Lukas lachend. Christoph ergänzt: „Wir haben beim Arbeitsamt angefragt, da bekommt man einen Stapel mit 15 Leuten. Die wurden alle zur Bewerbung aufgefordert, jedoch lediglich zwei haben sich bei uns gemeldet.“

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Damals, nach der gemeinsamen Kündigung im Jahre 2015, haben Lukas und Christoph sich erstmals intensiver mit der Hardware-Seite des Vorhabens beschäftigt. Jedoch schon nach einem Tag stand fest: Die verfügbaren AR-Brillen eignen sich nicht einmal für die Entwicklung: „Das war vielleicht auch etwas blauäugig von uns. Die Brillen waren 2015 gerade neu auf dem Markt und das Marketing versprach mehr, als eigentlich möglich war. Unser Mentor Prof. Dr. Steinecke, kannte diese Brille ebenfalls noch nicht genau genug für eine Einschätzung. Als wir sie in Händen hielten, sah die Welt auf einmal anders aus. Aber das hat sich im Nachhinein als nicht so schlecht herausgestellt. Denn unsere Naivität hat dafür gesorgt, dass wir aus der Not eine Tugend gemacht und PuttView zunächst als Indoor-Version entwickelt haben. Zwar waren unsere Marktprognosen hierfür anfangs sehr skeptisch, inzwischen wurden wir jedoch eines Besseren belehrt“, so Christoph weiter. Sie haben sich einfach überlegt, wie die entwickelten Informationen in das Blickfeld des Spielers kommen könnten: „Zwischenzeitlich haben wir sogar an Laser zur Visualisierung auf dem Golfplatz gedacht. Da hätte man aber Schutzbrillen tragen müssen“, ergänzt Lukas lachend.

So ist man dann nach zwei vergeblichen Probetagen mit der AR-Brille erstmal auf den Beamer gekommen: „Mittels Projektor konnten wir dann Ziellinie, Ballverlauf, Ausrichtungshilfe und Bewegungsempfehlungen darstellen – aber eben ausschließlich beim Putten auf dem Indoor-Green. Für uns sollte dies vor allem ein Zwischenschritt sein“, so Christoph.

Ein wichtiger Schritt war die InnoRampUp-Förderung der Stadt Hamburg, so Lukas: „Insbesondere zur Weiterentwicklung des Beamer-Prototyps. Sonst wären wir heute nicht da, wo wir jetzt sind. Da waren wir immer sehr vertriebsorientiert. Das ist essentiell. Manchmal habe ich bei anderen Startups das Gefühl, die hangeln sich von Finanzierung zu Finanzierung. Aber wann kommt der Vertrieb? Wann kommt da das Produkt zum Kunden?“ Christoph ergänzt: „Denn die einzige Währung, die am Ende des Tages zählt, ist der Umsatz. Kunden und Umsatz. Alles andere ist Träumerei. Oder eine Wette auf die Zukunft.“

Die Entstehung von PuttView

Im Oktober 2015 wurde die Viewlicity GmbH gegründet. Der Name ist eine Kombination aus den englischen Begriffen „view“ und „simplicity“, was den Fokus auf Anwendungen im Bereich Visualisierung und Lernen betonen soll. PuttView wurde im April 2016 als erstes Produkt präsentiert. Hierbei handelt es sich um ein System, bei dem die Grünoberfläche analysiert und in als 3D-Modell gespeichert wird. So ist es möglich, die Parameter für den perfekten Putt zu berechnen.

„Die Idee kam beim Golftraining: Es war irgendwie unbefriedigend, da die Rückmeldung gefehlt hat. Wo muss ich eigentlich den Ball hinspielen? Das war sehr zufallsgeprägt“, erklärt Lukas.

PuttView hilft unter anderem, das Break zu lesen, gibt die Startrichtung sowie die Geschwindigkeit an. Für Christoph der springende Punkt: „Ich spiele seit fast 20 Jahren Golf und bin zudem Ingenieur. Ich wusste, dass man alles berechnen kann. Wenn Du trainierst und falsch zielst oder die falsche Geschwindigkeit spielst, dann erkennen viele ihre Fehler nur unzureichend. Das mindert natürlich den Lernerfolg und ist vor allem auch frustrierend. Die verbildlichte Computerberechnung gibt dir eine Referenz und hilft dir somit deinen Lernerfolg zu optimieren. Ein befreundeter Trainer, der Highschool-Schüler trainiert, hat ihnen drei Monate lang nur erlaubt, mit Puttview zu putten. Nichts Anderes. Beim Großteil der Schüler hat sich das Putten aufgrund der optimalen Rückmeldungen durch das Programm verbessert.“

Insbesondere das Training der Geschwindigkeitskontrolle macht PuttView zu einem außergewöhnlichen System: „Es ist das einzige Trainingssystem, dass die Geschwindigkeit des Balles beim Putten anzeigen kann”, betont Lukas. Per Augmented Reality, also „erweiterter Realität”, werden diese Informationen für den Golfer visualisiert. Hierzu wird über einen Beamer die ideale Puttlinie für den Spieler sichtbar auf das Grün projiziert. Bryson DeChambeau, einer der TOP10-Golfer in der Weltrangliste, nennt das „brain training“. Denn das, was PuttView auf dem Grün abbildet, ist das, was sich idealerweise im Kopf des Golfers vor dem Putt abspielen sollte. Wenn der Spieler ein konkretes Bild im Kopf habe, wie der Putt auszuführen sei, gelinge ihm das meistens auch erfolgreich, ist Christoph überzeugt.

Das Feedback ist positiv und vielseitig: „Jeder unserer Kunden nutzt das angebotene System auf seine eigene Weise: Die einen malen sich einen Minigolf-Platz auf ihr Putting-Grün, die anderen nutzen nur die Linien, sind eher visuell unterwegs und trainieren das Gehirn. Jeder zieht da individuell seinen Nutzen heraus. Wir wollen auf diese diversen Bedürfnisse eingehen und sie nicht in unser Konzept zwängen“, so Lukas.

Der innovative Ansatz wird PuttView durch diverse Auszeichnungen bestätigt, wie etwa der Gewinn des Hamburg Innovation Awards in der Kategorie Idee im Jahr 2015 sowie dem Auggie-Award, dem „Oscar“ der Augmented Reality Branche, im Jahr 2016.

Der erste Kunde

Aber wie ging es geschäftlich weiter? „Zum Ende der Exist-Phase hatten wir 2016 unseren ersten Kunden: Peter Merck von der Golf Lounge in Hamburg. Zum Auftakt gab es einen großen Pressevent, Magazine fragten bei uns an. Das hat uns extrem nach vorne gebracht. Für uns war das der beste Showroom überhaupt. Im ersten Jahr hatten wir etwa drei oder vier Kunden, bei denen es sich jedes Mal erneut wie ein Durchbruch anfühlte“, stellt Lukas fest.

Erst die USA, dann den Rest der Welt

Auf der PGA Show 2017 wurden erste Kontakte geknüpft und einige Monate später die ersten Systeme in den USA ausgeliefert. Die revolutionäre Trainingstechnologie wird in der Golfwelt mit Begeisterung angenommen: „Einer unserer ersten Kunden in den USA war der Golfprofessor‘ Bryson DeChambeau. Das war im April 2017, für uns ein absolutes Highlight! Seitdem arbeiten wir eng mit ihm zusammen”, berichtet Lukas. Im selben Zeitraum haben wir mehrere verbindliche Partnerschaften geschlossen. Unter anderem mit Engländer Phil Kenyon, dem wohl bekanntesten Putt-Trainer, der permanent vier bis fünf Top-Ten-Spielern unter seinen Fittichen hat und diese in seinem Putt-Studio trainiert.

Eine der wichtigen Vertriebspartnerschaften ist jene mit Full Swing Golf, einer großen Firma für Golfsimulatoren: Die stellen ein bewegliches Grün her, welches man mit Motoren (unter dem Grün) verstellen kann. Mit diesem war PuttView 2018 auf der größten Golfmesse der Welt in Orlando, USA. So bekam man den Fuß in die Tür des weltweit größten Golfmarktes.

Christoph: „Die USA sind der Hauptmarkt für uns. Insbesondere auch die Tier One Colleges und Schools, die stellen sich schon mal für das schlechte Wetter eine Indoor-Facility für 10 bis 20 Millionen hin. Da haben wir bald zehn ausgestattet. Wenn es einer haben will, wollen es die anderen auch:

Als wir das erste System in Texas installiert haben, das war für zwei Entrepreneure, die dort ihr eigenes Ding mit einer Inndoor-Location für Golf machen wollten. Im Sommer haben die um die 35 Grad, da will keiner draußen spielen. Ich war erst skeptisch, jedoch als wir Ihnen sagten, sie seien die ersten in Texas und Nummer fünf in den USA, waren die völlig aus dem Häuschen.“

Mit Leistung überzeugen

„Dabei sind wir keine Klinkenputzer. Wir sehen das eher so, dass wir die Gelegenheiten nutzen, die sich uns bieten. Diese haben sich überwiegend ergeben und waren nicht vorgeplant. Wir denken, Partnerschaften sollte man Leben, daher leisten wir in der Regel mehr, als eigentlich im Vertrag steht. Wenn einem die Partnerschaft wichtig ist, sollte man das tun. Andererseits gab es auch Situationen, wo ein bestimmter Baustein benötigt wird. Da muss man dann mal Trüffelschwein sein und so lange wühlen, bis man diesen findet“, sinniert Lukas.

Weltweit sind inzwischen insgesamt mehr als 60 PuttView-Systeme im Betrieb, die Mehrheit davon in den USA. „2018 hatten wir mit unserem Partner einen gemeinsamen Stand auf der PGA Show, 2019 hatten wir dort bereits unseren eigenen Stand“, unterstreicht Christoph den Fortschritt. Abgesehen von der weiteren Eroberung des amerikanischen Marktes stehen auch Australien und Asien auf Plan: „Mitte 2018 haben wir in Japan das erste System in Betrieb genommen, 2019 folgte das erste System in Thailand. Jedoch auf den anderen Märkten wie China und Korea sind wir noch gar nicht vertreten.”

Lukas: „Als takeaway für andere Gründer: Man kann viele Pläne machen, das wichtigste ist jedoch, sich den Realitäten anzupassen. Wenn der Distributor grad keine Zeit und Lust hat, dann kann man sich das noch so groß auf die Liste schreiben, es wird dann trotzdem nicht passieren. Dann macht man es halt etwas früher oder später. Man sollte jedoch seine Ziele nie aus den Augen lassen.”

Wo die Reise hingeht

Ziel war es immer, PuttView aus dem Indoorbereich nach draußen zu bringen: „Es war von Anfang unserer Plan, das System mit Augmented-Reality-Brillen auf den Golfplatz zu bringen”, betont Christoph. Ein Pilotprojekt dazu läuft bereits in Berlin, 2019 sollen noch mehr Leute damit ausgestattet werden. Bei der Porsche European Open auf dem Green Eagle GC konnten die Entwickler ihre Technologie erstmals mit einer Augmented-Reality-Brille auf Outdoor-Grüns projizieren und den nächsten Schritt in der Unternehmensgeschichte erfolgreich beschreiten.

„Im Grunde ist die Golfidee für uns nur eine erste von vielen möglichen Anwendungen für AR: Wir wollen mit dieser Technik eine immersive Lernumgebung schaffen, die Menschen bei der Ausübung von komplexen Prozessen und Bewegungsabläsufen unterstützt. Wir sehen diese Möglichkeit auch bei anderen Sportarten. Unser Fernziel ist, dass die Leute irgendwann mit ihrer eigenen Brille auf dem Platz stehen. Eine entsprechende App, die man sich aus einem App-Store für Brillen herunterladen kann, sorgt dann für die ergänzende Visualisierung“, erklärt Lukas die Vision.

Kapital ja, aber nicht zu jedem Preis

In naher Zukunft wolle man das Projekt nicht veräußern: „Wir sind beide nicht gestartet, um die Fima nach zwei Jahren zu flippen. Darüber sollten sich im Übrigen immer alle Gründerparteien im Klaren sein“, so Christoph, beide lachen. Natürlich wäre das eine Option in der Zukunft, jedoch: „Du würdest dein Unternehmen anders führen, wenn du wüsstest, dass es in 2 Jahren verkauft werden soll“, stellt Christoph fest.

„Viele wären vermutlich früher als wir auf die Suche nach Kapital gegangen. Für uns ergaben sich hier auch Möglichkeiten, aber wir konnten das dann doch aus eigener Kraft stemmen. Inzwischen suchen wir nach Kapital, aber nicht zu jedem Preis. Das verbessert die Ausgangsposition“, schließt Lukas.

Weiterführende Informationen: https://www.puttview.com/